Recht universell ist die Musik von Willy Schwarz angelegt. Fernöstlich schwelgen Sitars mit jiddischen Fiddeln, sprudeln im Sog des Folkloristischen über zu rhythmischen Verwebungen der Karibik, und Akkordeonklänge schwirren dazwischen. Inmitten hört man die getragene Stimme des nun 50jährigen Troubadours, der ursprünglich aus dem US-amerikanischen Bloomington im Staate Indiana stammt. Nun ist er sowohl in Chicago, als auch in Bremen Zuhause. Vor einigen Jahren spielte er in der Live-Band von Tom Waits, komponierte eifrig und setzte sich mit der Musik der Kulturen der Welt auseinander. Sein erstes Solo-Werk zeugt von dieser Auseinandersetzung.
In Michigan geboren, ging Willy Schwarz als Jugendlicher nach Nepal, Afghanistan und Indien, lernte Hindi und die Musikinstrumente Sarod, Tabla und Vichitra Vina bei Ravi Shankar und Krishan Kumar spielen; danach studierte er rumänische, afrikanische sowie alte Klezmer-Musik. Als junger Mann spielte er Kontrabaß, Querflöte und Psalterium mit Joni Mitchell, Pete Seeger und den Stanley Brothers, anfang der 80er dann mit Theo Bikel, Joan Baez und Paul Simon; nebenbei war er der musikalische Leiter der Broadway-Produktion von „Grapes Of Wrath“. Mit Tom Waits ging er auf Welttournee, daraus resultierte „Big Time“, wo er Akkordeon, Hammond Organ, türkisches Tanbur, Marimba und Conga spielte.
1997 schloß er die Aufnahmen zu „Live For The Moment“ ab, seit August 1999 ist dieses Konglomerat ethnischer Einflüsse auf dem freien Markt erhältlich. Seine Mission, meinte Willy Schwarz 1998 in einem Interview, sei es, die Kulturen zu verstehen und zu vermitteln, Techno hingegen hält er für den Tod der Musik. „Live For The Moment“ beinhaltet zwölf Songs, allesamt Volltreffer; die drei mächtigsten Songs – die in keinem gut geführten Musikhaushalt fehlen dürfen – sind „Lord Why Me?“, „Leela Leela“ und der Titeltrack (in dem kurz eine Brass-Fraktion auftaucht, das Girl From Ipanema kurz vorbeischaut, um gleich wieder abzutauchen in die Fröhlichkeit afro-karibischer Klezmer-Amalgams). Hier ist der Spielwitz (u.a. mittels permanenter Rhythmuswechsel) genauso zuhause wie überwiegend humorvolle Texte, genährt aus dem optimistischen Selbstbewußtseins des Amerikaners mit jüdisch-italienisch-deutschen Eltern (die Lyrics verdienten eine eigene Analyse, zu der aber leider nicht der Platz ausreicht). Überhaupt eröffnet sich hier der Hörerin/dem Hörer ein schier endloses kreatives Potential an Melodien, gefunden irgendwo auf dem Weg von hier nach dort; man kommt kaum aus dem Staunen heraus, wie viele gute Ideen oft in einer Minute Schwarzscher Musik stecken, geschweige denn in einem Song, z.B. in „Masters“, wenn der louisianische Trauerzug immer wieder Brass-mäßig hart an der Linie disharmoniert und der Sänger den Sarkasmus hinausbrüllt.