Joseph Daley ist gebürtiger New Yorker und ist bei Hazmat Modine anstatt eines Basses mit Sousaphon und Tuba für die tiefen Töne zuständig. Er ist vielleicht der Spezialist für die tiefen Blechblasinstrumente und hat unter anderem mit Sam Rivers, Carla Bley, Taj Mahal, Charlie Haden, Gil Evans, Lionel Hampton und Howard Johnson zusammen gearbeitet. Er erscheint auf weit über einem Dutzend Alben. Dayleys Big Band Project Earth Tones Ensemble ist eindeutig in den tiefen Tönen angesiedelt, gerade bei den Bläsern. Das 2011 herausgekommene Album „Ballade of the Fallen African Warrior & The Seven Deadly Sins“ ( JARO 4303-2) war CD des Monats in den Zeitschriften: STEREO (3-2011 ) und Fonoforum (3-2011).
Diese Band ist wahrhaftig gut geerdet, denn hier dominieren Töne, die aus den tiefsten Tiefen der Erde zu kommen scheinen. Earth Tones Ensemble hat Joseph Daley wohl deshalb seine Bigband genannt. Der Klang von Erdfarben („Earthcolours“) hat ihn interessiert, deshalb gibt es die vielen Instrumente im tiefsten Bassbereich, die er stellenweise ganz bewusst so tief als eben möglich blasen lässt. „Ich wollte die Klangfarben dieser tiefen und tiefsten Instrumente zum Zentrum meiner Komposition machen, und ich wollte, dass die anderen Instrumente auf diesen tiefen Klängen ruhen können“, erläutert Joseph Daley.
Er ist selbst ein Tieftöner, bläst Baritonhorn, Euphonium, Posaune, Sousaphon und Tuba, und als New Yorker kennt er all die anderen Bläser der Bassinstrumente, hat mit ihnen gespielt, ist mit ihnen auf Tournee oder im Studio gewesen.
Als er zu diesem ungewöhnlichen Projekt Earth Tones Ensemble rief, sind sie alle gekommen: Howard Johnson, Scott Robinson, Earl McIntyre, Bob Stewart, und sie blasen selten zu sehende und zu hörende Bassgiganten wie die Kontrabassklarinette, Kontrabasssaxophon und Sousaphon, ein von dem Franzosen Pierre-Auguste Sarrus im 19. Jahrhundert entwickeltes Bassinstrument, das dem Saxophon verwandt ist. Allein das Aussehen dieser Riesen ist beeindruckend, ihr Sound nicht weniger, so dass Tuba, Euphonium und Bassposaune beinahe schon niedlich und klein wirken.
Aber nicht nur die erste Garde der Tieftöner ist Joseph Daley ins Studio gefolgt, auch die Namen der übrigen Musiker wie Marty Ehrlich oder Lou Soloff, Stanton Davis oder Gary Valente und Vincent Chancey, um nur einige herauszugreifen, lesen sich wie ein „Who is Who“ des US-Jazz. Eine wirklich illustre 25-köpfige Bigband hat Joseph Daley für seine Kompositionen zusammengetrommelt. Überdies spielt der Komponist selber hier und da mit.
Und so hat er eine fabelhafte Mannschaft zur Verfügung, von der er sagt: „Ich wollte Instrumentalstimmen, die einzigartig sind, aber eben auch von starker spiritueller Erhabenheit.“ Es sind durchweg Musiker, die Joseph Daley bestens kennt, deren spezielle Spielweise und Technik ihm vertraut ist, so dass er ihnen seine Musik regelrecht auf den Leib schreiben konnte, und das hört man in jeder Note. Dabei hat Daley zwar auch interessiert, dass es hervorragende Musiker sind, mehr noch aber „dass sie erstklassige Hörer sind“, die den anderen zuhören, und daraus musikalische Schlussfolgerungen ziehen.
Wer aber ist eigentlich Joseph Daley? Viele Jazzfans dürften die eine oder andere Platte besitzen, auf der Daley für die Bass-Basis sorgt. Der 1949 in Harlem geborene und an der Manhattan School of Music ausgebildete Musiker hat vom Gil Evans Orchestra über die Carla Bley Band bis zu Charlie Hadens Liberation Orchestra seit den frühen siebziger Jahren in den stilbildenden Großformationen gespielt. Eine seiner ersten Stationen war die Brass-Sektion in Taj Mahals Band, in der er mit Howard Johnson, Bob Stewart und Earl McIntyre für den gewichtigen Bass-Groove verantwortlich war und woraus letztlich auch Howard Johnsons Tieftöner-Kapelle Gravity entstand. Der hat Daley natürlich ebenfalls angehört.
Eine große Zahl weiterer erster Jazz-Adressen ließe sich noch hinzufügen.
Aktuell bläst Joseph Daley Tuba bei einer der interessantesten New Yorker Bands, bei Hazmat Modine, einer Band, die stilistisch schwer einzuordnen ist, weil sie Blues, Klezmer, Balkanbeats, Jazz und Rock ungestüm verquirlt. Der Kopf von Hazmat Modine, der Sänger, Gitarrist und Harmonikaspieler Wade Schuman wiederum ist mitverantwortlich für Daleys Komposition The Seven Deadly Sins. Er ist nämlich nicht nur Musiker, sondern auch bildender Künstler und hat einen Zyklus über die Sieben Todsünden gemalt, den Daley nun in Töne übersetzt hat.
Joseph Daleys zweite Komposition Ballade of the fallen African Warrior erinnert im Titel ein wenig an das Album „The Ballad of the Fallen“ vom Liberation Music Orchestra aus dem Jahr 1983, greift aber musikalisch nicht darauf zurück. Joseph Daley hat es in Erinnerung an seinen verstorbenen Bruder Winston geschrieben.
Die deutsche Presse schreibt: „Je weiter die Töne in die Tiefe hinabsteigen, desto mehr verdunkelt sich ihr Klang. Immer stärker treten unbestimmbare Schwingungen hervor, bis man irgendwann das Gefühl hat, es sei der ganze Boden, die ganze Erde, die zu vibrieren beginnt. Joseph Daley ist seit langen Jahren ein Spezialist für die tiefen Töne, in den Bands von Gil Evans oder Carla Bley oder in der New Yorker Band Hazmat Modine spielt er Baritonhorn, Euphonium, Posaune und Tuba. Alles weit unten. Mit The Seven Deadly Sins, seiner Komposition für das Earth Tones Ensemble, eine mit Kontrabassklarinette, Kontrabasssaxofon, Bassposaune und bis zu fünf Tuben etwas eigentümlich besetzte Big Band, erfüllt er sich einen Traum. Im direkten Bodenkontakt breitet er ein satt vibrierendes Panorama der Sünde aus:
Neid, Geiz, Völlerei, Hochmut, Wollust, Zorn, Trägheit des Herzens – ein passendes Laster für jede Stimmung. In den Höhenlagen ist dann alles möglich: Sowohl im differenzierten Satzspiel wie auch als Solisten loten Daleys Mitstreiter die Möglichkeiten ihrer Musik mit hörbarer Lust aus. Das Earth Tone Ensemble inszeniert das Genre Big Band als panoramatischen Blick von seinen Anfängen als Streetband bis zu den Ekstasen des Free Jazz. Ein Sündenpfuhl, der gar nicht so lasterhaft klingt.“
Journal Frankfurt mit 5 von 5 Quadraten: „Keine Kurt Weill-Adaption, sondern eine von Bildern seines Kollegen Wade Shuman inspirierte Jazz-Suite hat der Tubist der etwas anderen New Yorker Bluesband Hazmat Modine, Joseph Daley, hier faszinierend umgesetzt. Als passionierter Tieftöner verordnete er seinem Earth Tones Ensemble besonders Geerdetes und featurert Instrumente wie Euphonium, Sarrusophone und Kontrabass-Klarinette. So entsteht eine Bigband-Musik mit außergewöhnlichem Klangkonzept, die bei aller Power auch subtile Momente à la Gil Evans favorisiert und sich auch Ausflüge nach Afrika gönnt.“
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Joseph Daley– conductor, composer, euphonium, tuba
Marty Ehrlich– soprano saxophone
Jimmy Cozier– alto saxophone
Bill Saxton, Bob DeBellis– tenor saxophone
Howard Johnson– baritone, contrabass clarinet, tuba
Scott Robinson– bass, sarrusophone, Contrabass, Saxophone
Lou Soloff, Stanton Davis, Eddie Allen, Reggie Pittman, Stephen Haynes– trumpet
Gary Valente, Alfred Patterson, Craig Harris– trombone
Earl McIntyre– bass trombone, tuba
Bob Stewart– tuba
Vincent Chancey, Mark Taylor– French horns
Onaje Allan Gumbs– piano
Benjamin Brown– contrabass, electric bass, tuba
Warren Smith– vibraphone, marimba, percussion
Buddy Williams– drum set, percussion
Satoshi Takeishi– Asian drum set, percussion
William Bausch– timbales, percussion
Richard Huntley– percussion